Rumänien ist auf den ersten Blick sicher nicht auf der Top Ten-Liste der beliebtesten Reiseziele als Familie. Vielleicht sogar nicht einmal unter den Top 50. Dabei tut man diesem Land absolut unrecht. Rumänien hat uns auf unserer sechswöchigen Reise von Deutschland bis nach Griechenland und zurück im letzten Sommer mit unseren vier Kindern (im Alter von 7,6,3 und einem Jahr) sehr überrascht. In Eurem Rumänien-Urlaub erwartet ein riesengroßer Mix unterschiedlichster Eindrücke: extrem freundliche Menschen, die bei jeder Gelegenheit ein paar Brocken deutsch zum Besten geben, historisch günstige Preise, eine wunderschöne Landschaft, die über Meer, Berge, Wälder und Weiten alles bietet, teilweise Armut und dennoch gepflegte Häuser, schreckliche Straßen – bis auf die Autobahn – und in jedem noch so kleinen Dorf eine liebevoll restaurierte Kirche. Lest selbst, was wir in Rumänien mit der Familie erlebt haben.
Rumänien mit der Familie – Natur & Abenteuer pur!
Anreise – Wie kommt Ihr nach Rumänien?
Nach Rumänien, das ca. 2/3 der Fläche von Deutschland entspricht, jedoch nur ein Viertel der deutschen Bevölkerungszahl zählt, könnt Ihr entweder fliegen oder mit dem Auto fahren. Die Autofahrt von München nach Bukarest dauert ca. 15 Stunden und führt Euch über Wien und Budapest – sicher zwei wunderbare Reisestopps wert! Lufthansa, Austrian Airlines und LOT fliegen zudem mehrmals täglich von deutschen Hauptstädten in die rumänische Hauptstadt. Von dort aus würden wir Euch aber empfehlen, einen Leihwagen zu nehmen.
Autofahren in Rumänien
Autofahren in Rumänien ist zwar teilweise zeitraubend, aber nicht gefährlich. Die Straßen sind teilweise in wirklich schlechtem Zustand. Solltet Ihr Google Maps haben, vertraut auf dessen Einschätzungen, selbst wenn laut Karte eine kleine Stichstraße viel direkter zum Ziel führen würde. Wir sind auf unsere Karten hereingefallen und im Slalom um Schlaglöcher gefahren, Hunden, Katzen und Hühnern auf der Straße begegnet und auch gerne mal eine halbe Stunde einer Kuhherde hinterher gerollt. Natürlich auch einmalige Erfahrungen, über die man im Nachhinein lacht, aber mit Kindern ganz schön anstrengend. Ganz grundsätzlich: Sagt Euer Navi z.B. 4 Stunden, plant 6 Stunden ein.
Gut zu wissen für Euren Rumänien-Urlaub mit Familie
Sicher keine Neuigkeit für Euch, aber wir wollen es noch mal explizit sagen: Rumänien ist gemessen an westeuropäischen Standards ein armes Land. Der Lebensstandard der Landbevölkerung ist in unseren Augen mit dem Standard Lateinamerikas zu vergleichen. Jedes Haus ist praktisch autark und ernährt sich selbst. Deshalb begegnen Euch auch so viele Tiere in den Dörfern! Jeder hat seine eigene Kuh, seine eigenen Hennen, Schweine und seinen Nutz-Garten, mit dem er sich versorgt.
Die Rumänen sind – entgegen unseren vorherigen Vorurteilen, die wir vorab hatten – zu uns Deutschen extrem freundlich. Man trifft eigentlich in jedem Ort, egal wo man ist, jemanden, der in Deutschland arbeitet oder gearbeitet hat, ein Loblied auf Deutschland hält und sich freut, Deutsch zu sprechen. Eigentlich hat fast jeder Rumäne jemanden in der Familie, der in Deutschland arbeitet und die Familie zu Hause unterstützt. Deshalb freuen sich die Rumänen riesig, wenn auch mal Deutsche in Ihr Land, auf das sie verständlicherweise stolz sind, kommen. Also, solltet Ihr Bedenken hinsichtlich der Sicherheit haben: aus unserer Sicht braucht Ihr Euch wirklich nicht zu sorgen.
Zur Sprache: Rumänisch ist eine romanische Sprache, so dass man (neben deutsch) mit Italienisch oder französisch viel besser durchkommt als mit Englisch.
Für die Reise reicht ein Personalausweis und Eure europäische Krankenversicherungskarte, da Ihr Euch innerhalb der EU bewegt. Das medizinische Versorgungssystem ist hinreichend gut, Ihr findet eigentlich in jedem größeren Ort eine Apotheke und einen Arzt.
In Rumänien ist eine Stunde später als in Deutschland. Die Währung ist Lei und zum Zeitpunkt unseres Besuches waren 1 Euro 4,5 Lei wert. Rumänien ist extrem günstig. Obst, Gemüse, Unterkünfte, Getränke kosten max. die Hälfte. Allein importierte Dinge sind teuer – aber wer braucht schon Edamer-Käse, wenn er leckeren rumänischen Käse essen kann?!
Rumänien mit der Familie – unsere Hotspots!
Schloss Bran – das weltberühmte Dracula-Schloss
Schloss Bran ist einer der Haupt-Attraktionen in Rumänien, da man weitläufig annimmt, dass es Bram Stoker als Vorlage für seinen Roman über Dracula gedient hat. Bewiesen ist nichts, im Gegenteil. Zwar ist die Beschreibung des Schlosses im Roman sehr nah an der Beschreibung von Schloss Bran, aber genannt wird es nicht. Als Dracula wird Vlad Tepes III. des Fürstentums der Walachei bezeichnet, ein wohl gerechter, aber grausamer Herrscher im 15. Jahrhundert. Man weiß aber nicht einmal, ob er Schloss Bran wirklich jemals betreten hat. Im Grunde ist es aber egal. Das Schloss ist auch so äußerst eindrucksvoll. In Siebenbürgen, mitten in den Karpaten gelegen, umrahmt von Wäldern, lässt es tatsächlich viel Raum für Gruselgeschichten.
Wir haben eine Tagesreise unternommen, um das Schloss zu besuchen. Und würden ganz ehrlich sagen: Mehrere Stunden Auto-Anreise ist es nicht wert. Die Strecke nach Bran ist nämlich von Westen (z.B. Sibiu aus) kommend mühsam. Die Autobahn führt nicht weit und die dahinter liegende Landstraße, die Euch sogar über einen kleinen Bergpass führt, ein echter Zeitfresser. Solltet Ihr aber in der Gegend sein, lohnt sich der Besuch auf jeden Fall, Vampirfans ist die strapaziöse Fahrt natürlich absolut egal. Wir fanden es sehr nett. Uns haben der Park und die Souvenirstände vor dem Schloss aber besser gefallen als das Schloss mit seinen vielen alten Möbeln und Bildern selbst. Wandteppiche, exquisite Antiquitäten, Gemälde – das ist alles schön, aber nicht aufregend – insbesondere nicht für Kinder. Viel lustiger war die Geisterbahn (zum Durchgehen) in der Souvenirstraße und die wirklich günstigen Gegenstände, die man an den Souvenirständen erstehen kann. Wir wollten keine Dracula-Masken, Schwerter und Vampirgebisse, sondern haben uns schöne Keramikschalen für richtig wenig Geld gekauft. Um das Schloss herum kann man auch lecker essen.
Ein kleiner Tipp: Grundsätzlich früh am morgen und nicht montags kommen, da öffnet das Schloss nämlich erst am Nachmittag.
Schloss Bran, Str. General Traian Mosoiu, nr. 24, 507025 Bran, http://www.bran-castle.com/
Transsilvanien – abenteuerliche Karpaten
Transsilvanien (Siebenbürgen) und deren Berge, die Karpaten, ist ein Paradies für Naturliebhaber! Einsamkeit pur, herrliche Landschaft, wunderbare Wanderwege und Bergsteige, verwunschene Seen, wilde Natur, und und und… Uns fallen nur Superlativen ein. Wir haben uns in Rausor im Retezat National Park einquartiert und sind drei Tage lang verschiedene mehr oder minder lange Wanderwege abgelaufen. Trotz der manchmal anstrengenden Anstiege und keinerlei Specials wie „Walderlebnispfaden“ oder Ähnliches hat es unseren Kindern einen Riesenspaß gemacht. Warum? Weil wir stets auf Steinpilze in rauen Mengen gestoßen sind! Jeden Abend gab es Schwammerlpfanne, alle selbst eingesammelt. Unsere Kinder reden noch heute davon!
Gewohnt haben wir in einem grandiosen Architektenhaus in Rausor, einem Bergdorf, das so eingerichtet war, als läge es mitten in London!
Retezat National Park, www.retezat.ro
UNESCO-Weltkulturerbe-Stadt Sibiu (Hermannstadt)
Sibiu sollte man bei einer Rumänienreise auf keinen Fall verpassen. Mein Mann hat es ziemlich gut auf den Punkt gebracht: Wir können uns eigentlich an keine Stadt erinnern, die so entspannt, mit so schönen Häusern, so netten Cafés und netten Geschäften aufwarten kann. Hier stimmt wirklich vieles: schöne alte Häuser aus der Zeit, in der die Deutschen in Hermannstadt waren. Die Altstadt Sibius liegt auf einem Hügel, sodass man mit dem Kinderwagen, sollte man die Außenränder der Altstadt besichtigen wollen, ein wenig Muskelkraft braucht. Kleinere Kinder können problemlos laufen – es fahren nur in wenigen Straßen Autos und wenn, dann langsam.
In der Innenstadt gibt es auf dem inneren und äußeren Ring (so heißen die beiden Hauptplätze) und in der Fußgängerzone zahlreiche schöne Cafés und Restaurants zum draußen sitzen. In der Fußgängerzone reiht sich ein Eisstand an den anderen und jeder wirbt damit, dass er noch größere, leckerere Kugeln für noch weniger Geld anbietet (die Größe der Kugeln wird sogar ausgeschrieben: 45 – 60 ml, je nach Stand, für einen Preis, den Ihr kaum glauben könnt).
Wer es deftiger mag, besorgt sich in einer der vielen Bäckereien einen Schmalzkringel, mal mit Käse, mit Zucker oder mit Wurst. Wir haben drei Stunden in der Altstadt verbracht, hätten aber locker noch 2-3 Stunden mehr dort verbringen können.
Naturparadies Donaudelta
Das Donaudelta liegt im Mündungsgebiet der Donau und dem Schwarzen Meer. Es steht fast vollständig unter Naturschutz, ist UNESCO-Weltnaturerbe, Europas größtes Feuchtgebiet und bietet mit seinen riesigen von Schilfrohr bedeckten Flächen den optimalen Lebensraum für seltene Pflanzen- und Tierarten. Das Donaudelta ist zwar touristisch gut erschlossen, jedoch nur mit Booten und in Begleitung von Guides erforschbar. Wir haben aufgrund des jungen Alters unserer Kids, die nicht lange in einem Boot bleiben können, ohne sich ins Wasser zu stürzen, von einem Reisestopp dort abgesehen. Was uns aber sehr leid tut – wir wollen es unbedingt nachholen! Ein guter Reisebericht, was es dort alles zu erleben gibt, findet Ihr auf der Website von Deutschlandradio Kultur.
Wuselige Stadt Bukarest
Unsere rumänischen Freunde haben uns von Bukarest abgeraten – ganz einfach, weil das Nahverkehrsystem überlastet und die Fahrt mit dem Auto in die Stadt eine Tortur ist. Daher können wir hier keine Erfahrungen mit Euch teilen. Sicher ist wohl, dass man in Bukarest ganz hervorragend einkaufen kann. Es gibt gigantische Malls mit Riesen-Spielplätzen, sodass alle Familienmitglieder Spaß am „Shoppen“ haben.
Tierschauspiel im Naturreseverat Hagieni
Auf dem Weg zum Schwarzen Meer und zum Donau-Delta. Die Gegend um Hagieni ist sehr, sehr karg. Umso überraschter waren wir über das Naturreservat, indem Ihr zwischen über 500 Steppenpflanzenarten herumlaufen könnt! Aber Achtung: Euch begegnen Schildkröten, Schlangen (der harmlosen Sorte) und mehrere Eidechsenarten. Einen Abstecher wert ist auch das 5 km südlich von Albeşti gelegene typische Tatarendorf Hagieni.
Naturreservat Hagieni
Die gigantische Salzmine Salina Turda
Die Salina Turda ist eine sehr große, kathedralenartige Salzmine mit imposanten Lichtinstallationen. und schwindelerregender Aussichten von höchstgelegenen Aussichtsplattformen bis hin zu den tiefsten Positionen. Für den Kinderwagen und Kindergartenkinder eher noch nicht geeignet, haben Grundschulkinder hier bereits einen Riesenspaß!
Schwarzes Meer
Am Schwarzen Meer erwarten Euch eine Vielzahl an großen Hotelanlagen mit mehr oder weniger Charme, die komplett auf einen erholsamen Badeurlaub ausgerichtet sind. Besonders bekannt ist der Goldstrand, der jedes Jahr unzählige Reisende, insbesondere aus osteuropäischen Ländern, an sich zieht. Da wir jedoch aufgrund Zeitmangels das Schwarze Meer aussparen mussten, möchten wir Euch vertrösten: Eines unserer Top-Ten-Urlaubsziele in naher Zukunft wird das Schwarze Meer sein und dann werden wir unsere Reiseziele gleich mit Euch teilen.
Ein kleiner Tipp für Rumänien mit der Familie
Besuch eines rumänischen Wochenmarktes
Der erste Stopp unserer Reise hat uns in das Batar-Gebiet ganz im Westen von Rumänien verschlagen. Hier ist Rumänien ganz ursprünglich – es gibt praktisch keinen Tourismus. Wir haben unsere entfernten Verwandten besucht, die hier Ländereien gepachtet haben und als erfolgreiche Landwirte seit vielen Jahren eingebürgert sind. Mann, waren wir gespannt!
An unserem ersten Tag haben wir einen Wochenmarkt in einem der größeren Orte der Gegend, P…, besucht. Hier wurde wirklich alles feil geboten, was man sich nur vorstellen kann. Obst, Gemüse, Haushaltswaren, neue Kleidung, und und und… Unsere Kids haben Tränen vergossen, als wir uns geweigert haben, bei den Tierständen eine kleine, zerrupfte Katze für 1 Euro zu erstehen. Vor allem, als neben uns eine rumänische Familie ihrer Tochter gleich einen Hasen, ein Meerschwein und eine andere Katze gekauft haben. Die wurden kurzerhand mit den anderen Einkäufen in den Kinderwagen eingeladen.
Bei den Second Hand Ständen konnten wir zwischen Kinderkleidung wählen, die u.a. mit „Maxi, 2c“ oder „Konstantin Weber“ beschriftet waren. Skuril, Kleidung in Rumänien wieder zu kaufen, die man in Deutschland aussortiert hatte. Und auch hier ist uns wieder große Herzlichkeit gegenüber den Deutschen begegnet. Auf der Suche nach Schuhen für unseren Sohnemann haben uns die Standbesitzer mit dem Kommentar: „Ihr seid aus Deutschland? Sucht Euch einfach etwas aus, wir schenken es Euch!“ ein süßes Paar geschenkt.
Wir haben leckere Langos gegessen und uns beim Kaufen zurückgehalten. Solltet Ihr in Rumänien die Möglichkeit haben, einen Wochenmarkt zu besuchen, ist unsere klare Empfehlung: nichts wie hin!
Unterkünfte für Euren Familien-Rumänien-Urlaub
Pension Hanul Moara cu Noroc
Bei unserem ersten Stopp in Rumänien sind wir in einer wirklich traumhaft schönen Pension, dem Hanul Moara cu Noroc, untergekommen. Einer alten Mühle, die liebevoll restauriert wurde und nun als Eventlocation für rumänische Hochzeiten gilt. Für gerade mal insgesamt 71 Euro die Nacht hatten wir zwei geräumige Zimmer, jedes mit blitzsauberem Bad, rustikal und geschmackvoll eingerichtet. Das Essen hat alles geschlagen, was wir bisher und danach in Rumänien gegessen hatten. Leckere gegrillte Gerichte, große Portionen, gute Zutaten. Zudem sitzt man im Restaurant an einem plätschernden Bach neben einem gigantischen Rosengarten (kann mit jedem Schlossgarten mithalten) – wunderschön. Solltet Ihr mit dem Auto anreisen und eine erste Unterkunft suchen – hier ist sie!
Hanul Moara cu Noroc, Ineu, Arad, soseaua Arad-Ineu, DJ792 KM 35. Situated 3 km from the center of the town of Ineu and from Cetatea Ineului
Airbnb bei Eurem Rumänien-Urlaub
Wenn sich Airbnb in einem Land lohnt, dann in Rumänien. Denn die Auswahl an Hotels ist spärlich! Viele Exil-Rumänen haben sich aber in ihrer Heimat ein schönes Haus gebaut, das sie aber nur spärlich besuchen, da sie ja im Ausland arbeiten. Sie vermieten es daher für wenig Geld. Wir haben in Rausor in den Karpaten in einem echten Architektenhaus, top-saniert und durch-designed gewohnt, für eine Miete, mit der wir in Italien niemals etwas Ähnliches bekommen hätten.
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